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leerReligiöses Brauchtum
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foto leer Der Totenkult bildete eines der grundlegenden Elemente im europäischen Raum in Religion und Kultur. Man muss sich nur vergegenwärtigen, dass die Altäre der ersten Kirchen über den Gräbern von Märtyrern gebaut wurden. Das Mitführen von Reliquien gehörte von jeher bei Prozessionen als fester Bestandteil dazu. Mit der Hochkarätigkeit einer Reliquie stieg auch die Zahl der Wallfahrer an und das brachte den Kirchen Geld ein. So kam zum Beispiel im 12. Jahrhundert die Hirnschale des Heiligen Bartholomäus an die Frankfurter Stiftskirche (Dom), und schon stiegen die Besucherzahlen. Es wurde gepredigt, dass die Auferstehung des Fleisches am Tag des Jüngsten Gerichts stattfinden werde, und dabei konnte nach der Hierarchie die Auferstehung nur von „oben nach unten“ vollzogen werden. Das heißt, Märtyrer und Heilige steigen zuerst aus den Gräbern. Da wundert es nicht, dass man versuchte, in räumlicher Nähe zum Altar einer Kirche beerdigt zu werden, um die Position für das Jenseits so gut wie möglich vorzubereiten. Übrigens, auch heute noch birgt jeder Altar einer katholischen Kirche eine Reliquie. Siehe Abb. links
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Da natürlich nicht genug Platz in den Kirchen vorhanden war, entwickelten sich automatisch um sie herum Friedhöfe. Auch hier war noch die Nähe zum Altar entscheidend. Seit Kaiser Leo I. von Byzanz (457–474) das Verbot aufhob, dass innerhalb von Städten nicht beerdigt werden dürfe, gehörten nun die Kirch- bzw. Friedhöfe zum normalen Erscheinungsbild der Städte und Dörfer.
In unseren Breiten sind Friedhöfe der Germanen außerhalb der Siedlungen und Tempelbezirke bekannt. Die Römer legten ihre Gräberfelder entlang den Ausfallstrassen von Städten an. Die Antike kannte zwei Beerdigungsarten: die Verbrennung und die Bestattung. Bei dem Einbringen des Leichnams wurde unterschieden zwischen dem Ablegen des Toten in eine Grube und dem Bestatten in einem Sarkophag. Bei den meisten Kulturen galt die Ausrichtung des Toten in west-östlicher Richtung, wobei der Kopf im Westen lag, um der aufgehenden Sonne entgegensehen zu können. Es spielte beim Christentum die Vorstellung eine Rolle, dass Christus am Jüngsten Tag vom Sonnenaufgang her die Toten erwecken werde. Damit die Leichname keine Beute von Tieren wurden, sind um die Kirchhöfe Mauern gezogen worden.
Die Tore waren zusätzlich mit durch Rundhölzer überdeckten Gruben gesichert; diese sind Knochen- oder Beinbrecher genannt worden. Man umhegte oder friedete den Ort mit der Mauer ein, daher das Wort Friedhof. Die Bezeichnung hat mit Frieden (pax) also gar nichts zu tun. Es hätte sich genauso gut nach dem Mittelhochdeutschen auch das Wort Totenhege einbürgern können.
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Friedhöfe waren zunächst Zubehör einer Pfarrkirche. So ist für Frankfurt auch als ältester „Gottesacker“ der um die einzige Pfarrkirche, nämlich das Bartholomäusstift, bezeugt. Dazu gehörten folgende Elemente: Mauern und Tore, Beinhäuser und andere Kapellen, Kanzel, Totenleuchten, Bäume, Kreuze, Ölberg- und Kalvarienbergdarstellungen und zuletzt Totentänze.
Vom Domfriedhof sind heute noch die Kreuzigungsgruppe von Hans Backoffen und Teile des Grabes Christi aus der alten Maternuskapelle, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts abgerissen wurde, erhalten. Auf Frankfurts zweitem Kirchhof bei St. Leonhard ist noch fragmentarisch die Außenkanzel zu sehen. Im Innern der Kirche sind Bruchstücke eines romanischen Kalvarienberges ausgestellt.
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Die Karner (Beinhäuser) dienten der Aufbewahrung der Gebeine von Altbestattungen, die eventuell bei einer Neubelegung zu Tage traten. Hier wurde ordentlich geschichtet: Schädel zu Schädel und so weiter. In Oppenheim am Rhein ist noch ein solches Beinhaus erhalten. Der Karner hatte weiterhin die Aufgabe, alte oder unbrauchbar gewordene Kult- und Andachtsbilder aufzunehmen. Während für den Peterskirchhof keine Außenkanzel und keine Darstellung eines Totentanzes bekannt ist, sind uns über die Bilder des Kupferstechers Merian und viel später Carl Theodor Reiffensteins das Beinhaus und die Totenleuchte ein Begriff. Auch eine Kreuzigungsgruppe ist schon bei Merian abgebildet. Darauf wird aber später noch einzugehen sein. Die Totenleuchte (siehe Abbildung rechts: Aquarell von C. T Reiffenstein, Der Peterskirchhof, Blick nach Westen, um 1870) war in der Regel ein steinerner Freipfeiler von über 1,5 m Höhe, der in seinem Gehäuse eine Öllampe aufnahm. Ihr Licht war Symbol der ständigen Fürbitte für die Toten. Dabei schließen sich die Leuchten im Aussehen den Sakramentshäuschen in Kirchen an. Die frühen Friedhöfe waren mit einer bunten Mischung von Obstbäumen bepflanzt, in einer Art Paradiessinnbild. Besonders beliebt waren dabei Apfel- und Nussbäume, die auch als Ewigkeitssymbol galten. Die Flächen wurden gärtnerisch nicht weiter behandelt. So kann man auf Friedhofsdarstellungen der frühen Neuzeit keine Ordnung erkennen. Der Ort liegt im Chaos. Blumen scheint man auch nicht gesetzt zu haben. leer bild

© Harald Fester (2014)

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