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leerSt. Peter - Kapelle für Weinbauern und Gärtner
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foto leer In der Zeit, als Frankfurt noch hinter den mächtigen Schwibbögen der Staufenmauer lag, entwickelten sich die direkten Grundstücke um die Stadt als Gärten. Hier wurde Obst und Gemüse gezogen, besonders im Norden vor der Bornheimer Pforte wurde Wein angebaut. Nachdem Frankfurt Kaiser Ludwig, den Bayern (ca. 1282-1347) gestützt hatte, förderte der Wittelsbacher die Stadt neben dem zweiten Messeprivileg mit einer großzügigen Stadterweiterung. Die neue Siedlungsfläche war so üppig bemessen, dass sie bis ins frühe 19. Jahrhundert ausreichte.
Mit der Erweiterung lagen die Weingärten nun im Stadtgebiet. Es dauerte Jahrzehnte, bis auch diese Grundstücke mit einer Mauer eingefriedet waren. Die Masse der Menschen blieb ohnehin in der Altstadt wohnen, man zögerte wohl, solange nicht die Mauer fertig war. Die Neustadt besaß die breiteste und längste Strasse der Stadt. Vor der Erweiterung war sie wohl schlicht die nördliche Umgehung. Nun entwickelte sich hier langsam der Viehmarkt. Der Pferdemarkt, der vorher auf dem Rossebühel stattfand, dem heutigen Liebfrauenberg, zog an das westliche Ende der langen Strasse um.
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Die Funktion des alten Ortes ist heute noch in der Bezeichnung Rossmarkt nachzuvollziehen. Aus dem Viehmarkt wurde die Zeil.
Durch die Neustadt zog sich auch die bis dato wichtigste Frankfurter Strasse: die Fahrgasse. Wie der Name schon sagt, fand auf der Strasse der Fahrverkehr statt. Jeglicher Verkehr, der über die Brücke wollte, musste über diese Strasse. Infolgedessen siedelten sich hier Gasthöfe und allerlei Handwerker an, die vom Fahrverkehr profitierten. Die Neustadt blieb aber bis ins 19. Jahrhundert hinein lockerer bebaut als die Altstadt. Hier waren häufig Gärten hinter den Häusern und große Wäschebleichen zu finden. In der Verlängerung der alten Bornheimer Pforte wurde das Friedberger Tor errichtet, und hart davor links stand die von einem Frankfurter Bürger, namens Peter Apotheker, gestiftete Kapelle. Ein Historiker nahm an, dass dies zwischen 1381–85 geschah. Aus dem kleinen Kapellchen sind zwei Altäre der Geschwister Stockarn von 1393 bezeugt. Nach einer anderen Urkunde ist bis 1410 ein weiterer dazugekommen.
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foto leer Was veranlasste Menschen, hier draußen, wenn schon keine Kirche, so doch eine Kapelle zu stiften?
Das Gebiet war von eher ärmeren Menschen bewohnt, die wohl mehr oder weniger schlecht vom Handwerk lebten. Sie arbeiteten den lieben langen Tag und da die Tore der Altstadt abends geschlossen wurden, hatten sie keine Möglichkeit, eine Messe zu hören. Dieses Argument wurde bei der Stiftung der Allerheiligenkapelle 1452 durch Konrad Neuhaus angeführt. Um den Armen den Kirchgang zu ermöglichen, erbarmten sich Bürger und stifteten ihnen eine Kapelle in deren Wohngebiet. Das Sicherheitsbedürfnis der Altstädter muss groß gewesen sein, denn das Bornheimer Tor wurde zum Beispiel bis zu seinem Einsturz 1795 nachts abgeschlossen.
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Das eigentliche Problem entstand dadurch, dass in katholischer oder papistischer Zeit die Neustadt als Pfarrbezirk beim Bartholomäusstift verblieb. Das Stift hütete eifersüchtig seine Privilegien und Pfarrrechte und tat alles, um jegliche Splitterungsversuche zu unterbinden. Deshalb schickte es zwei Vikare in seine Filiale. Die Gläubigen in Sachsenhausen und der Neustadt litten vorgezogene Höllenqualen, wenn es ans Sterben ging und nachts die Tore geschlossen waren. Da konnte niemand einen Priester für die letzte Ölung besorgen, denn es kam in den Stadtkern keiner hinein und keiner aus ihm heraus.
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Durch das Ableben der Stifter geriet die Kapelle in einen schlechten baulichen Zustand und war 1417 einsturzgefährdet. Zu einer Renovierung wurden nun neue Stifter gesucht und auch in zwei Frankfurter Patriziern gefunden. Der wahrscheinlich erste Frankfurter Bankier Johann Ockstadt und der Schöffe und Ältere Bürgermeister Jakob Humbracht verwandten sich nun beim Mainzer Erzbischof für den Neu- bzw. Ausbau der Kapelle.
Das Vorhaben wurde vorangetrieben und bis die Stifter verschieden, war die nunmehrige Kirche mit den Altären für St. Peter und Paul fertig. Humbracht starb 1420 und Ockstadt 1434. Mit dem Neubau der Kirche schaltete sich der Rat in die Belange der Pfarrrechte an St. Peter und Dreikönig in Sachsenhausen ein. Man unternahm mannigfache Versuche, die Sache im Sinne des Rates zu regeln. Letztendlich entschloss sich der Papst, in einer Bulle die Vorgabe zu machen, dass entweder die beiden Kirchen in eigene Pfarrkirchen mit Taufstein und Friedhof umgewandelt würden oder die Kirchen als Tochterkirchen vom Bartholomäusstift mit Taufstein und Friedhof geführt werden sollten. Der Papst überließ dabei dem berühmten Kardinal Cusanus die endgültige Entscheidung. Nach schweren Bedenken des Stifts wurde die zweite Lösung beschlossen, aber nicht umgesetzt. Erst als der Rat dem Stift drohte, ist der Beschluss durchgesetzt worden. 1453 bekam so die Peterskirche ihren lang ersehnten Taufstein und Friedhof. Bei dem „Gottesacker“ handelte es sich um ein kleines Grundstück, das dem Westportal vorgelagert war.
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Als erster Pfarrer wurde Johannes Wolff (lat. Lupi) eingesetzt, der wahrscheinlich bis 1468 in seiner Gemeinde wirkte. Seine Grabplatte wurde beim Abbruch der Kirche 1895 zusammen mit der Darstellung der 10 Gebote eingemauert wiederentdeckt. Frankfurt hatte in der Zeit vor der Reformation circa 20.000 Einwohner und nach einer Verordnung des Rates musste jeder bei seiner Pfarre beerdigt sein. Auch die Neustadt verdichtete sich mit den Jahren, und so verwundert es nicht, dass gut 50 Jahre später der erste kleine Friedhof voll war. Über das Jahr der Erweiterung herrscht keine Klarheit, die einen meinen, 1503 wäre das richtige Jahr, die anderen 1508. Jedenfalls entstand so der heute noch existierende erste Teil des Friedhofs. Auf dem kleinen Grundstück, das bis dato als Grablege benutzt wurde, ist dann das Pfarrhaus errichtet worden.
Gleichwohl blieb ein gerader Weg vom Kirchenportal Richtung Westen über den alten zum neuen Kirchhof übrig. Den betrat man durch ein breites Tor; dahinter fiel der Blick auf ein wichtiges Ausstattungsstück: das Pestkreuz, das der in Mainz lebende Bildhauer Hans Backoffen bis 1511 herstellte. Der neue, viel größere Friedhof hatte noch einen zweiten Zugang von der Schäfergasse. Das Feld hatte eine Abmessung von 150 x 80 Metern. Entlang der Mauer errichteten nun die Wohlhabenden in die Schwibbögen der Wand hineingeschoben ihre Grabmale, wobei sie den Typus des Epitaphs übernahmen. So zählte man auf dem ersten Kirchhof 213 Familienbegräbnisse. Der Stifter Johann Felber aus Nürnberg setzte sich 1507 eine Kapelle an die Westwand. Weiterhin errichtete man ein Bahrhaus für die Totenleuchte am Südende, in der die Totengräber die Bretter aufbewahrten.
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Der Peterskirchhof in Frankfurt a. M. im Jahre 1909, Blick nach Osten. Zusehen ist links am Weg das Grab der Fam. Textor u. Catharina Elisabeth Goethe
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Am Anfang vergab man die Gräber kostenlos, denn ein Verkauf von geweihter Erde wäre dem Mensch des Mittelalters wie Simonie vorgekommen.
Die Menschen, die sich kein aufwändiges Grabmal leisten konnten, wurden, wie in der Einleitung beschrieben, im Feld beerdigt. Das Grab ist durch einen Stein oder hier wohl eher ein Holzkreuz markiert worden. Die Eröffnung des Bestattungsplatzes beendete aber nicht die Tradition, in der Kirche selbst beizusetzen. Hier befanden sich vor allem zwei Kapellen: Die eine wurde von Kuno und Adelheid von Reiffenberg und die andere von der Familie Glauburg-Ockstadt noch in der Frühzeit der erneuerten Kirche angebaut.
Zu Anfang der Reformation erlangte die Peterskirche fast mystische Bedeutung, als Martin Luther 1521, vom Norden her kommend, in der Peterskirche eine Pause machte und betete. Dieses Ereignis adelte die Kirche unter den Protestanten bis in unsere Tage hinein. Falsch wäre es aber anzunehmen, dass damit der Übergang von einem katholischen in ein evangelisches Gotteshaus leichter oder schneller vonstatten gegangen wäre. Ganz im Gegenteil hielt man hier draußen länger am Althergebrachten fest. Die Protestanten liefen in die großen Kirchen der Stadt, um ihren Gottesdienst zu hören. Die Traditionalisten bevorzugten die stilleren Außenbezirke, um ihrer Religionsausübung nachzugehen. Ausgerechnet beim Priester der Peterskirche manifestierte sich einer der zentralen Vorwürfe Luthers an den Klerus.
Die Bürgerschaft warf dem Kaplan Heinrich Winter vor, Gelder aus den Sammlungen für die Pestgruppe von 1512–13 unterschlagen zu haben. Nachdem er die Stadt verlassen hatte, sah er sich immer noch dem Vorwurf ausgesetzt, was ihn seinerseits bewegte, sich noch aus der Ferne zu verteidigen. Das schürte aber eher das Misstrauen.
1531 erreichte dann doch die Reformation die Petersgemeinde. Die erste deutsche Predigt hielt der Lutherschüler Johann Celarius aus Wittenberg. Im Folgejahr wurde Matthias Limberger aus Kronberg der erste Pfarrer der neuen Lehre. Mit der Einführung der Reformation sprudeln seltsamerweise die Quellen nicht mehr so üppig. Das Gemeindeleben scheint in ruhigen Bahnen verlaufen zu sein. Als Grablege immer noch gern benutzt, ließen sich nun in der Kirche die „ersten“ Protestanten bestatten. Es fand hier zum Beispiel Hamman von Holzhausen 1538 seine letzte Ruhe. Etwa 50 weitere Bestattungen kamen noch hinzu.
Der Rat bestimmte schon 1530, dass ausschließlich St. Peter und Dreikönig zum Bestatten genutzt werden dürften. Damit fielen sämtliche anderen Orte weg. Freilich hielt der Beschluss nicht lange, mit Ende des „Augsburger Interims“ 1549 wurde er aufgehoben. Die Stadtoberen beschlossen weiterhin, dass der Kirchhof ausschließlich von Lutheranern und Reformierten belegt werden dürfe.

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Die Katholiken konnten nunmehr ihre Toten nur noch in den verbliebenen katholischen Kirchen, Klöstern und auf dem Friedhof um St. Bartholomäus bestatten. Die Regelung hatte Bestand bis ins frühe 19. Jahrhundert hinein. Erst mit der Aufklärung und der totalen Überfüllung des Domfriedhofs erlaubte man einzelnen Katholiken die Bestattung bei St. Peter.
Bis 1641 war von verschiedenen Stiftern der zweite Kirchhof zusammengekauft worden, „nachdem der Kirchhoff zu St. Peter dergestalt mit todten Cörpern überhaufft, das man fast kein Grab darselbst machen kann, dazu nicht noch mehrer Theils unverwesene Cörper anzutreffen.“ Die Erweiterung schloss sich in ihrer Längenausrichtung an den ersten Friedhof nördlich an und hatte die Ausdehnung von 100 x 65 Metern. In das Feld dürfte eine größere Anzahl von Pesttoten des Dreißigjährigen Krieges gekommen sein. Wieder wurden die Mauern als Erbbegräbnisse vergeben, diesmal aber gegen ein freiwilliges Opfer an den Almosenkasten. Die Protestanten behielten prinzipiell die Vorstellungen der alten Zeit bei. Später wurde ein Preis von 105 Gulden für eine „normal große“ Grablege berechnet. Dabei ist die Gliederung der umlaufenden Wand in Schwibbögen als Breitenmaß bei der Berechnung zu Grunde gelegt worden. Auf dem zweiten Hof gab es 135 Grabmäler. Im Epitaphienbuch des Christoph Metzgers wurden in feinen Bildern die Grabmale im Aufriss zwischen 1671–74 dargestellt.
Diese Bilder geben uns heute einen guten Eindruck von den prächtigen Grabmälern der Vergangenheit. Es entstanden Monumente wahrer bürgerlicher Selbstdarstellung. Auch heute noch sind die Namen der Beigesetzten wohlklingend. So sind die Gräber von Merian, von Heyden, Bansa, Eysen und Notebohm erhalten. In dieser Zeit scheint man vor allem den Familienoberhäuptern Denkmäler gesetzt zu haben. Andere Mitglieder wurden auf den Platten oft nur kurz oder auch gar nicht erwähnt.

Auch dieser Teil wurde über die Jahre zu klein. Noch einmal wurden Grundstücke zusammengekauft und so entstand der dritte Teil ab 1746 in ähnlichen Abmessungen.
etzt war eine Expansion nicht mehr möglich, denn der neue Bereich ging nun bis direkt an die Stadtmauer. Während auf den anderen Teilen des Friedhofs immer wieder bestattet wurde, also auch alte Gräber samt Monumente weiter benutzt wurden, ist hier zumindest entlang der Mauer nur einmal beigesetzt worden. Was im Feld geschah, entzieht sich unserer Kenntnis. Dabei galt die alte Festsetzung des Kastenamtes, dass Nachfolger bzw. Neubesitzer die alten Grabsteine zu erhalten hätten. Sie stellten dann ihre davor oder darüber auf. In der Spätzeit des Friedhofs wurden Erbbegräbnisse auch auf dem Feld für 150 Gulden vergeben. So entstanden einige schöne klassizistische Urnen und Kreuze. Ab 1811 gestattete man auch den Katholiken eine Bestattung am Ort.
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Grabplatte im grauen Marmor für Johann Adolph Steffan von Cronstetten (1647-1712) und seine Frau Maria Catharina, geb. Hynsperg (1648-1736) im restaurierten Zustand 2013. Die Tochter gründete das adlige evangelische Damenstift.
Heute: Altenpflegeheim Justina von Cronstetten Stift, Frankfurt am Main, Westend, Arndtstrasse 38
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Franz von Brentano und seine Frau Antonia, geb. Edle von Birkenstock, übernahmen so das Grab vom Stadtbaumeister Johann Andreas Liebhardt. Da Katholiken nur in geweihter Erde beigesetzt werden dürfen, ließ man den gesamten Friedhof weihen. Die Katholiken misstrauten aber so viel protestantischer Toleranz, sie ließen ihrerseits jeweils einzeln die Gräber nachweihen.
Nachdem man im Senat lange Jahre debattiert hatte, entschloss man sich dazu, einen ganz neuen Friedhof, weit außerhalb der Stadt, anzulegen. Hier hatte man auch Platz für spätere eventuelle Erweiterungen. Der Hauptfriedhof wurde 1828 eingeweiht. Die letzte Beerdigung auf St. Peter fand am 30. Juni 1828 statt. Es wurde die Bürgerstochter Elisabeth Maurer begraben.

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Quelle:
Der Peterskirchhof, Ein historisches Kleinod in der Frankfurter City, Björn Wissenbach, 2004, Seite: 12 (Siehe auch Literatur)

© Harald Fester (2014)

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