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leerJakob Heinrich Rühle von Lilienstern
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Jakob Heinrichs Grabmal wurde erst zwei Jahre nach seinem Tod errichtet und nahm in der angewandten Formensprache den Klassizismus vorweg. Der ursprüngliche Aufstellungsort ist unbekannt. Vor dem Zweiten Weltkrieg stand das Monument rechts neben dem Grab Catharina Elisabeth Goethe auf dem benachbarten Schulhof. Es ist heute nur noch in einem Fragment erhalten und liegt im 2. Teil an der Südwand des Friedhofs.
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foto leer Jakob Heinrich, Jahrgang 1726, wurde in eine Familie geboren, die wie die ebenfalls hier beschriebene Familie Adami erst in der zweiten Generation in Frankfurt ansässig war. Sein Vater Jakob Christian wanderte aus dem fränkischen Ort Königsberg ein. Der Vater kam nicht alleine nach Frankfurt am Main. Er brachte seine zwei Brüder Caspar Konrad und Georg Friedlieb mit.
In Frankfurt am Main starben in dieser Zeit mehr Menschen als geboren wurden, und so verwundert es kaum, dass Eingewanderte sich rasch etablieren konnten. Die Stadt erneuerte bzw. verjüngte sich durch Zugezogene. Die einzige Möglichkeit, schnell in den Bürgerstand zu kommen, war der Weg über Einheirat. So ehelichte Jakob Christian im Jahre 1724 die Bürgerstochter Rebecca Magdalena Bartels und legte im Folgejahr den Bürgereid ab. Dieser Vorgang brachte Jakob Christian die angestrebte Standesverbesserung und Sicherheit. Aus dieser Ehe gingen die beiden Söhne Jakob Heinrich (*1726) und Conrad Friedrich (*1727) hervor.

Leider sind über den Letztgenannten nur wenig Nachrichten erhalten. Wir wissen, dass Conrad Friedrich Anna Friederike von Röder heiratete. Jakob Heinrich nahm 1750 Maria Elisabeth Haan zur Ehefrau. Zur Hochzeit wurde von Familienangehörigen und Freunden ein Gedicht verfasst, das bis 1944 in der Stadtbibliothek aufbewahrt wurde. Das Paar wohnte in dem von Jakob Heinrich erbauten Haus am Rossmarkt „auf der Weet“ neben dem Phönix. Es handelte sich also nicht gerade um arme Leute, denn der Rossmarkt zählte damals zu den besten Adressen in Frankfurt.
Rühle bekleidete verschiedene Ämter in der Stadt. Dazu gehörten ab 1761 das Senatorenamt und in der Folge dreimal das des Jüngeren Bürgermeisters. Rühle war ab 1779 auch als Schöffe tätig. Sein Einkommen wurde durch einen Eisenhammer gesichert, der im Sächsisch-Meiningischen stand. Dort wurden Öfen und andere Produkte gefertigt. Er beanspruchte bei der Einführung seiner Waren in Frankfurt Zollfreiheit.
Sein Bruder Conrad bekleidete die Stelle eines Sächsisch-Hildburghausener Geheimrats und Regierungspräsidenten und kam über diese Schiene auch zu Ehren. Es ist möglich, dass er seinem Bruder die Konzession für den Betrieb des Eisenhammers besorgte. Die Brüder waren sich im Leben nah, da mutet es kaum seltsam an, dass beide im Jahre 1789 starben.
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Jakob Heinrichs Frau kaufte am 28. Januar 1789 ein Grab auf dem Peterskirchhof erst von 3 Schuh und 3 Zoll. Mit einem späteren Zukauf vergrößerte sie das vorhandene Grab um 4 Schuh und 8 Zoll. Im Epitaphienverzeichnis von 1828 – 1881 werden als Vorbesitzer der Gräber Georg Culm und Maria Stemlin genannt. Außerdem befindet sich im Verzeichnis auch eine Bleistiftzeichnung des Grabmals.

Die vor der Restauration sehr verwitterte Inschrift lautet:
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WEYLAND
JACOB HEINRICH RÜHLE VON LILIENSTERN
SCHÖFFEN UND SENATORS
AUCH
DESSEN GEMAHLIN GEBORENE HAAN
ERBBEGRÄBNIS
1789
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foto leer Wenden wir uns noch kurz den Familienangehörigen Jakob Heinrichs zu. Sein Onkel Caspar Konrad heiratete 1719 die Tochter des Apothekers und Bürgers Johann Wilhelm Müller und seiner zweiten Ehefrau Katharina Elisabeth Eberhardt, genannt Schwind. Im Besitz der aus Mechesheim zugewanderten Familie Müller befand sich seit 1584 die Kopfapotheke auf dem Markt No. 36 Lit. 139, die heute noch in einem gründerzeitlichen Nachfolgebau von 1904 fortlebt. Das Haus zum goldenen Kopf mit der Bronzebüste Gutenbergs über dem Eingang findet sich an der Ecke Braubachstrasse/Paulsplatz bzw. Neue Kräme. Damit wurde die Tochter Anna Maria zur guten Partie. Caspar Konrad leistete bereits 1719 den Bürgereid und erreichte es, den Titel eines Kaiserlichen Hofapothekers zu erlangen. Jakob Heinrichs Vater, der Königlich Preußischer und Fürstlich-Nassauisch-Oranischer Hofrat war, erhielt, in der allgemeinen Titelsucht des 18. Jahrhunderts, die Standeserhebung von Kaiser Karl VII. am 4. März 1745. Dieser rittmeisterliche Adelsstand mit dem Prädikat „von Lilienstern“ galt auch für seinen Bruder.
Der zweite Onkel war der Nassau-Siegener Regierungsrat und Amtmann Georg Friedlieb Rühle von Kirberg. Die Vatergeneration hatte also schon Karriere gemacht.
Bild liks: Grabmal für Jakob Heinrich Rühle von Lilienstern von 1791. Foto: Institut für Stadtgeschichte
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Aus der Ehe des Onkels Caspar Konrad gingen vier Söhne hervor, wovon der älteste Arzt, der zweite Sohn Johannes Apotheker, der dritte Jakob Friedrich preußischer Militär und der vierte Johann Christian Händler wurde. Der jüngste Spross eröffnete ein Geschäft in Amsterdam zusammen mit Franz Daniel Städel als Gesellschafter.
Johannes übernahm die Kopfapotheke samt Haus von seinem Vater für 25.000 Gulden. Caspar Konrad starb 1769 und hinterließ ein Vermögen von 245.970 fl. (Florin = Gulden), zu dem ein Weingut in Mittelheim am Rhein gehörte.
Johannes heiratete Susanna Margarethe Salzwedel. Seine Frau stammte aus einer alteingesessenen Apothekerfamilie. Dieser Ehe entsprang der zweite Jakob Heinrich Rühle von Lilienstern 1772–1826. Er war österreichischer Rittmeister.
Durch die wiederkehrenden Vornamen in den Familien wird Außenstehenden das Begreifen der Zusammenhänge sehr schwer gemacht. Weil auch Familienangehörige Probleme hatten, die Personen auseinander zu halten, sind teilweise Nummern vergeben worden, wie wir dies ja auch von den großen Adelsgeschlechtern her kennen.
Zurück zum Verstorbenen. Jakob Heinrich wurde in eine spannungsreiche Zeit geboren. Die Wirtschaft in Frankfurt entwickelte sich prächtig, die Messe war gut besucht, die Bürgerschaft erlebte eine Blütezeit. Durch die Entscheidung des Reichshofrates in der Verfassungsfrage 1732 erhielt die Bürgerschaft endlich eine Vertretung im Rat. Dort war Jakob Heinrich über Jahre an der Gestaltung der Stadtpolitik beteiligt. Er erlebte den Wittelsbacher Kaiser Karl VII. als Nachbarn, denn er residierte im Barckhausenpalais auf der Zeil für die Dauer seiner Amtszeit. Von ihm erhielt sein Vater die oben angeführte Standeserhöhung.
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1759 erlebte er die Besetzung Frankfurts durch Franzosen. Mit einer Menge an Unannehmlichkeiten brachte dies aber auch der Stadt das erste feststehende Theater im Junghof, was der Kultur Auftrieb gab. Im Hof sah zum Beispiel der Knabe Johann Wolfgang Goethe mit dem Freibillett seines Großvaters Textor ein Stück des Franzosen Jean-Jacques Rousseau. Ein gesellschaftliches Wetterleuchten begann mit den neuen Autoren.
Frankfurt taumelte von einem Fest in das nächste. Die prachtvolle Krönung Josephs II. 1764 brachte so viel Gäste nach Frankfurt, dass sie nicht alle beherbergt werden konnten. Jakob Heinrich dürfte die heftigen Ausfälle Johann Erasmus Senckenbergs vor dem Rat erlebt haben, der 1769 auf Veranlassung Josephs II. bis zu seinem Tod in der Hauptwache gefangen gehalten wurde. In diese Zeit fällt auch die segensreiche Stiftung seines Bruders Johann Christian Senckenbergs zur Hebung des Medizinalwesens. In der Spätzeit des Lebens von Rühle von Liliensterns wandelte sich die Gesellschaft, indem sie die Ideen der Aufklärung aufnahm. Ob Jakob Heinrich die Errungenschaften der neuen Zeit teilte, ist ungewiss. Er starb am Vorabend der Französischen Revolution. So blieben ihm die daraus entstandenen gesellschaftlichen und politischen Verwerfungen erspart.
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Bild rechts:
Torso des Grabmals Rühle von Lilienstern im unrenovierten Zustand. Foto: Institut für Stadtgeschichte

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Anmerkung:
Im Januar 2015 erreichte mich per Post ein Brief von Prof. Dr. Frieder Sondermann (Tohoku University, Sendai, Japan) zum obrigen Thema Rühle. An dieser Stelle noch einmal besten Dank für die Information zu o. a. Aufschreibungen "Rühle von Lilienstern". In dem Schreiben sind weitere Daten aufgeführt, die in einem in Japan vorliegenden Stammbuch (ca. 1750) verzeichnet sind. Die Abschrift des Briefes als PDF-Datei hier.

© Harald Fester (2015)

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Quelle:
Der Peterskirchhof, Ein historisches Kleinod in der Frankfurter City, B. Wissenbach, 2004, Seite 46